Wirtschaftsverkehr

Wirtschaftsverkehr in urbanen Räumen: "Logistik ist Leben"

20. November 2023 | Franziska Borer Blindenbacher (Ökonomin lic.rer.pol., wissenschaftlich Projektleiterin ARE)

«Logistik ist Leben», so treffend wird das Güterverkehrs- und Logistikkonzept des Kantons Zürich in der Öffentlichkeit eingeführt. Wie wahr, denn der Wirtschaftsverkehr - die Versorgung einer Stadt mit Gütern, Dienstleistungen von Handwerkern und Handwerkerinnen und die Entsorgung - ist Voraussetzung für eine funktionsfähige Wirtschaft und eine prosperierende Gesellschaft.

Die Schweizer Bevölkerung profitiert täglich von einer funktionierenden Logistik: Die Regale in den Läden sind mit den Lieblingswaren aufgefüllt, der Müll wird entsorgt und das Paket mit den online bestellten Kleidern nach Hause geliefert. Eine Stadt ist wie ein lebendiger Organismus, der ver- und entsorgt werden muss und sich stets wandelt. Derselbe Verkehr verursacht jedoch auch Belastungen für das Verkehrssystem, die Gesellschaft und die Umwelt. Was den Wirtschaftsverkehr ausmacht, ist jedoch noch wenig untersucht. Genau dies ändert sich aber seit einiger Zeit, insbesondere in grossen und mittleren Städten.

Weshalb ist das so? Die Verkehrsinfrastruktur in den urbanen Räumen steht zunehmend unter Druck. Die vom Schweizer Volk geforderte Siedlungsentwicklung nach innen führt dazu, dass sich mehr Menschen in denselben Räumen aufhalten. Sie müssen mit Waren und Dienstleistungen versorgt werden und die Entsorgung von Abfall und Gebinden muss auch geregelt sein.

Gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Entwicklungen ermöglichen neue und zusätzliche Formen der Mobilität bei meist gleichbleibenden Flächen für den Verkehr. Die Konkurrenz um die verfügbaren Flächen für den fliessenden und ruhenden Verkehr ist dadurch grösser geworden. Das führt oft zu Stau sowie Park- und Halteplatzproblemen, was wiederum die Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit und die Umwelt gefährdet. Für diese zusätzlichen Belastungen brauchen die Städte sinnvolle Lösungen.

Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat zusammen mit den anderen UVEK-Ämtern 2021 eine Grundlagenstudie zum Wirtschaftsverkehr in urbanen Räumen erstellt. Darin betrachten sie erstmals die verschiedenen Verkehre für geschäftliche und dienstliche Zwecke (ohne Pendelverkehr) genauer. Die nachfolgende Darstellung zeigt die Vielfalt des Wirtschaftsverkehrs:

Segmentierung des Wirtschaftsverkehrs (Quelle: «Wirtschaftsverkehr in urbanen Räumen», ARE 2021)
Segmentierung des Wirtschaftsverkehrs (Quelle: «Wirtschaftsverkehr in urbanen Räumen», ARE 2021)

Im Wirtschaftsverkehr werden die folgenden vier Teilsegmente zusammengefasst. Zur Veranschaulichung hier mit einigen Beispielen:

  • Güterwirtschaftsverkehr: Belieferung Retail, Paket-/Kurier-/Expressdienste, Belieferung Baustellen, Abfallentsorgung.
  • Dienstleistungsverkehr mit Waren: Umzugsfirmen oder Handwerker, die für ihre Arbeit Güter mitführen müssen.
  • Dienstleistungsverkehr ohne Waren (auch Geschäftsverkehr genannt): Hauptzweck ist der Personentransport zur Ausübung einer Dienstleistung wie bei der Spitex oder Handwerkern ohne Waren, Beratern, Angestellten auf Weg zu Sitzungen etc.
  • Personenwirtschaftsverkehr: Taxi, Reisebusse.

Das Ziel von Bund, Kantonen und Städten ist es, eine bessere Übersicht über diese Verkehre und deren Auswirkungen auf den Gesamtverkehr in einem Raum oder einer Region zu gewinnen. Denn nur mit diesen Fakten lässt sich das Zusammenspiel der einzelnen Verkehre besser verstehen und im Sinne des Gesamtverkehrs und der Volkswirtschaft regeln. Damit dies gelingt, ist überdies ein Dialog zwischen dem Bund, den Kantonen, Gemeinden und der Wirtschaft nötig.

Diesen Dialog hat das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) zusammen mit dem Kanton und der Stadt Bern letztes Jahr angestossen. Um Lösungen für die vielen Herausforderungen im Wirtschaftsverkehr zu finden, wurden zwei Workshops durchgeführt. Die zentrale Frage lautete: Wie können wir einen effizienteren und nachhaltigeren Wirtschaftsverkehr im urbanen Raum gestalten? Mit Hilfe einer innovativen Methode, einem sogenannten ‚Policy Sprint‘, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam Massnahmen entwickelt, die sie seither umsetzen.

Dazu gehören beispielsweise die Schaffung von Be- und Entladezonen oder einer Baustellenlogistik im urbanen Raum.

Auch die Idee zur «Last Mile City Logistics Suisse (LMCL)» an der BERNEXPO ist aus diesen Workshops heraus entstanden. Für den «Launch-Event» dieser Plattform für die urbane Logistik am 15. November 2023 hat das ARE das Patronat übernommen. Die erstmalige Veranstaltung, zu der man sich gerne anmelden kann, soll die Ver- und Entsorgung in unseren Städten einem breiteren Publikum bewusst machen und betroffene Akteure werden aktuelle Herausforderungen gemeinsam vertiefen.

Eine gute Ver- und Entsorgung in unseren Städten bleibt eine grosse Aufgabe, die nur mit allen relevanten Akteuren zusammen zu bewältigen ist.

 

Flyer für den Launch-Event von «LMCL Suisse» (Quelle: lastmilecitylogistics.com)
Flyer für den Launch-Event von «LMCL Suisse» (Quelle: lastmilecitylogistics.com)

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